"It's cool to love school"

...frei übersetzt vielleicht: Warum sollte man die Schule eigentlich nicht mögen? Auch wenn man manchmal nicht so gut drauf ist als Schüler oder Lehrer. Dieses Bekenntnis steckt hinter der Idee, einen witzig-ironischen Blick auf die eigene Schule zu werfen und mit Liedern und Szenen auszudeuten. Ein Lehrerteam der Hauptschule Gemünden hat sich dieser Herausforderung gestellt und in echter Teamarbeit Liedtexte entworfen und sich kleine typische Szenen des Schulbetriebs ausgedacht, alles natürlich überspitzt. Herausgekommen ist eine Musikrevue, die das Verhältnis Schüler-Lehrer-Eltern in unterhaltsamer Weise karikiert und doch auch skizziert.
Willkommen zu „It’s cool to love school“

Als Conférencier begrüßte Manuela Müller bereits während des Eröffnungssongs das zahlreiche Publikum und pries die Hauptschule als „ Ort mit hunderten von intelligenten hochmotivierten, leistungswilligen, freundlichen, wohlerzogenen strebsamen, gut aussehenden Schülern, die jeden Tag ihr Bestes geben“ und führte dann weiter durch die lockere Szenenfolge.
Die Tänzerinnen und Tänzer aus der 8b legten dazu einen flotten Swing auf das "Parkett".
Unterricht- so... ...oder so?

Als einzigartiges Schauspiel kündigte sie den Unterricht in ihrer "Musterklasse" an, die hoch motiviert den Unterricht so gestaltete, dass die Lehrerin fast überflüssig war.
"Wenn sie nun gedacht haben, so sei Schule wirklich,– dann liegen sie aber so was von falsch." Mit dieser Bemerkung holte sie die Zuschauer auf den Boden der Tatsachen zurück, während ihre Musterklasse sich verwandelte in eine Horde unmotivierter, pubertierender Jugendlicher ohne Respekt vor der Lehrkraft und ihrem flehentlichen Appell, doch mit ihnen etwas lernen zu wollen.
Die Aufsässigkeit mündete fast unausweichlich in den Klassiker "We don't need no education".
Aber auch damit wäre natürlich die Schule heute nicht treffend charakterisiert.

Lehrertypen im täglichen „Überlebenskampf“
"Auf jeden Fall muss sich in diesem Lebensraum eine ganz besondere Spezies behaupten und ihr kümmerliches Dasein fristen: Die Lehrer. Und natürlich hat dazu jeder seine eigenen Strategien entwickelt, um im täglichen Überlebenskampf zu bestehen.

"Zunächst fiel der autoritäre Typ über alle her, die irgendwie zur Schule gehören, Schüler natürlich, unfähige Eltern, "Kuschelpädagogen". Seine Erfahrungen mit der "Haselnussstock-Mathematik" brächten ihm den Vorteil, im Kopf heute noch schneller zu rechnen als viele seiner Schüler mit der "Krücke Taschenrechner", meinte Rainer Steck, der mit dieser bissigen Kabarettnummer die Halle wieder und wieder zum Lachen brachte, das allerdings gelegentlich auch schon mal im Halse stecken blieb.

Derweil hatten Lehrkräfte, gespielt von Wolfgang Weinig, Wolfgang Bunzel, Cordula Bils und Monika Horcher, das Lehrerzimmer betreten und "weinten sich gegenseitig aus", während sie die Arbeiten ihrer Schüler korrigierten. Da ging es um ständige Kreuzschmerzen, die wohl nur durch eine Kur zu lindern wären, die man aber ja doch nicht bezahlt bekäme, ...um das Niveau von Diktaten, in denen bei halber Wörteranzahl doppelt so viele Fehler gemacht würden wie früher, um Eltern, die in der Sprechstunde so tun als wenn sie "live im Unterricht" dabei gewesen wären, um immer neue Belastungen, die man auf "den breiten Buckel" der Lehrer packe, die im Übrigen "ja eh an allem schuld seien".
Unerträglich offensichtlich für den "Hardliner", der im Abgehen so nebenbei er auch noch einen zufällig des Weges kommenden Schüler "rund machte", um den sich dann der psychologisch geschulte Kollege, gespielt von Kurt Schmitt, mit all seinem Feingefühl kümmerte. "Wo ist das Problem?" hieß der Rap, mit dem er seine pädagogische Idee verdeutlichte, allerdings so überzogen in seiner Problemorientierung und Hilfsbereitschaft, dass er sogar meinte: "Hast du kein Problem- kein Problem, dann mach ich dir eins."
Unterricht im Wandel der Zeiten
Manuela Müller schließlich führte weg von den überzeichneten Lehrertypen wieder hin zum Unterrichtsgeschehen: "Mathematikunterricht im Wandel der Zeiten". Cordula Bils' Sammlung "typischer" Aufgaben aus Vergangenheit bis Gegenwart verpasste so manchem "mathematischen Irrweg" und dem zunehmenden Abbau der Leistungsanforderungen einen bissigen Seitenhieb.
Das Ganze mündete in den Kommentar: "Die Aufgaben werden zwar immer leichter, aber lesen muss man sie immer noch können! Und wie steht es mit dem Lesen erst in zwanzig Jahren!?"
Mit einem witzigen Sketsch karikierte die Klasse 5b, wie die technologische Entwicklung und die Reduzierung der Bildung auf technische Medien selbst die Bedeutung eines Buches und seines Gebrauchs zum schwierigen Unterfangen macht. "Die Buchseiten kann man umblättern", erklärte die Lehrerin (Patricia Roth), ganz ohne Fernbedienung übrigens, und gab dann das Umblättern als Hausaufgabe auf.
Und der Chor mit Band kommentierte das Ganze mit dem Song "Glotzophon".
"Natürliche Feinde"

Dass Schüler und Lehrer fast zwangsläufig zu Feinden werden, befand die Moderatorin dann als fast unausweichlich und schon immer im Schulleben verankert.

Im Song "Ich wird sie alle erwischen" versucht der Lehrer seine Schüler aus der zehnten Klasse beim Spicken zu erwischen, beim Rauchen oder verbotenen Telefonieren mit Handy. Der Chor der Schülerinnen kann natürlich all das im Duett mit dem Lehrer (Rainer Steck) nicht verstehen.

Verständnis für die Jugend zeigt dann die Conférencier, indem sie beteuert, es gebe für Jugendliche in diesem Alter doch gewiss wichtigere Dinge als Schule.
"Don't know much about history" bestätigen die jungen Damen des Chors diese Einsicht und beteuerten, dass das Wichtigste, was sie wüssten, sei "I love you!". Die jungen Damen und Herren aus der M 10 spielten dazu eine amüsante pantomimische Szene.
Nun konnte die Elternbeiratsvorsitzende Petra Wagner nicht länger still halten. Empört stürmte sie die Bühne und forderte vehement ein: "Wozu schicken wir unsere Kinder denn in die Schule!? Damit sie was lernen und gescheite Noten mit nach Hause bringen! Oder sollen die sich etwa mit so etwas bewerben?"
Zeugnisse? – Don’t worry, be happy!

Gemeint waren die folgenden satirischen Zeugnisbemerkungen,... ...die der Chor nur ganz cool mit dem Song "Don't worry, be happy" kommentierte.
Besonders amüsant dabei die Band, bei der die Percussionisten plötzlich von ihren Orff-Instrumenten umstiegen auf Kunststoffschläuche, sog. "Boomwhackers", die, da sie gestimmt sind, als Melodieinstrumente dienten,...

... wie anschließend durch Flüssigkeitsstand gestimmte Flaschen.

Hier spricht der Kapitän
Das war nun auch dem Rektor, Rainer Kunkel, des Guten zu viel. Entschlossen erklomm er die Bühne, um in einem grundsätzlichen Statement zurechtzurücken, was Sache sei, welch wichtige Aufgabe seine Schule leiste. Dass dies im Alltag gerade für einen Schulleiter äußerst schwierig sein kann, wurde deutlich durch die immer dichteren Störungen seiner Rede durch "Anruf aus dem Schulamt"' Schülerdrängen nach Hitzefrei, weiteren Anrufen, Anliegen seiner Kollegen, so dass er zunehmend aus dem Konzept geriet und am Ende nur noch erschöpft versichern konnte, trotz allem: It's cool to love school.

Die Zuschauer feierten nun alle Akteure, die in der Schlussszene die Bühne füllten und sich gruppenweise ihren Sonderapplaus abholten. Mit einem Blumenstrauß bedankte sich Rektor Kunkel bei Kurt Schmitt und Robert Werner, selbstverständlich auch stellvertretend für alle Kolleginnen und Kollegen seiner Schule, die im Vorfeld oder bei der Aufführung mit geholfen hatten, das Wagnis "selbst gemachte Musikrevue" zu einem solch tollen Erfolg werden zu lassen. Nur durch die Mithilfe des gesamten Kollegiums sei es möglich gewesen, in den letzten Probetagen den Unterricht noch zu organisieren.
Der Trennvorhang der Scherenberghalle hob sich während der Zugabe des Chores und die Besucher waren eingeladen, bei einem kleinen Snack das Erlebte im Gespräch nachklingen zu lassen. Der einhellige Tenor war: "Schade, dass ihr das nur das eine Mal aufführt!"
Bilder: Ludwig Kaiser