Eine Ära geht zu Ende



Vierzig Jahre Lehrer, davon 30 Jahre in der Schulleitung- das ist nicht der übliche berufliche Lebenslauf auf den eine scheidende Lehrkraft zurückblicken kann. Doch trifft dies auf Rektor Rainer Kunkel zu, der am Dienstagabend, 22. Juli, in den Ruhestand verabschiedet wurde. Zahlreiche Gäste konnte Konrektorin Judith Rützel dabei in der Aula der Mittelschule Gemünden begrüßen, Elternvertreter, die Bürgermeister der Stadt und der VG Gemünden, die Geistlichen beider Konfessionen, Schulleiterkollegen aller Schularten und nicht zuletzt das Kollegium sowie ehemalige Kollegen des Rektors, darunter auch seine Vorgänger Ludwig Kaiser und Egon Löffler.




Als wollte man zeigen, dass diese Schule und dieser Rektor nicht alltäglich sind, hatte der Lehrerchor die Veranstaltung auf eher unkonventionell lockere Art mit einem sogenannten "flash mob" eröffnet; die Lehrkräfte klatschten unvermittelt einen eingängigen Rhythmus und formierten sich zum Begrüßungslied, mit dem sie ihren Chef baten: "Mach noch ein Jahr!"


 
Nach der Begrüßung durch die Konrektorin erfolgte die offizielle Verabschiedung Rainer Kunkels durch seine Chefin am Schulamt Main-Spessart, Schuldirektorin Charlotte Renner. Sie charakterisierte ihn als einen Mann mit einem unersetzlichen Wesen, der an seiner Schule zum Segen vieler Menschen gewirkt habe. "Menschlich, humorvoll, einfühlsam, teamorientiert, optimistisch, vertrauenserweckend"- das waren einige der Attribute, mit denen die Person Rainer Kunkel seine Art beruflich umgesetzt habe. Dabei sei ihm stets wichtig gewesen, die Schule nach außen zu öffnen, eine harmonische Atmosphäre in ser Schule zu haben und die Schule weiter zu entwickeln. Dies habe sich gezeigt in dem intensiven Bemühen um Ausländerintegration, die Einrichtung des Ganztageskonzepts und Maßnahmen, die den Übergang der Schüler in das Berufsleben unterstützen sollen.

Mit seiner Pensionierung verlören die Schulleiterkollegen einen geschickten, redegewandten und impulsiven Verteter ihrer Anliegen, der stets loyal gegenüber seinem Arbeitgeber gewesen sei, aber genauso, wenn er es für nötig hielt, mit sachlicher Kritik nicht hinter dem Berg gehalten habe. Für die kommende Zeit sei ihr um ihn nicht bang; denn alleine als stellvertetender Bürgermeister der Gemeinde Karsbach und ambitionierter Gärtner stellten sich ihm weiter Aufgaben. Charlotte Renner wünschte ihm vor allem eine mehr selbst bestimmte Zeit im Ruhestand.





Die Reihe der Grußworte eröffnete Gemündens Bürgermeister Jürgen Lippert, der den Weggang des Rektors bedauerte und dem er attestierte, in einer vertrauensvollen Zusammenarbeit mit der Stadt sich immer für seine Schule eingesetzt, dabei Dinge von verschiedenen Seiten betrachtet zu haben und mit seinem Mühen sich letzlich auch für die Stadt Gemünden eingebracht zu haben.
Bürgermeister Martin Göbel von der VG Gemünden bescheinigte Rektor Kunkel das Verdienst, die Schüler hätten sich hier immer gut aufgehoben gefühlt. Er freue sich auf die Zusammenarbeit mit seinem Stellverteter im Bürgermeisteramt und Gemeinderat seit 30 Jahren.


Für die Schulleiter der Realschulen und Gymnasien Gemündens bedankte sich Oberstudiendirektor Walter Fronczek vom Friedrich-List-Gymnasium für die angenehme und immer schülerorientierte Zusammenarbeit, dies auch im Namen der Beratungslehrkräfte. Wenn ehemalige Schüler der Mittelschule sich mit "leuchtenden Augen" zurückerinnerten, sei dem nichts mehr hinzuzufügen.





Rektor Bruno Schneider von der Partnerschule Burgsinn unterstrich in seinen Abschiedsworten die Bescheidenheit, Berufsfreude, das Engagement für den "Kunden Schüler", den Humor und die kritische Gelassenheit des stets kooperativen Kollegen Kunkel.

Als kleine musikalische Auflockerung zwischendurch erfüllte sein ehemaliger Konrektor Robert Werner ihm, wie er sagte, den immer wieder geäußerten, aber stets abgewiesenen Wunsch bei offiziellen schulischen Veranstaltungen: Er spielte ihm am Klavier, passend zur Pensionierung, "Träumereien" von Robert Schumann.






In unterhaltsamer Art verabschiedeten sich die Rektoren der Nachbargrundschulen Gemünden, Langenprozelten und Wernfeld.
Während Anne Kade die Vorzüge des Kollegen herausstrich, konterkarierte dies Anja Wilhelm als Marionettenfigur "Jacques" in witziger Art.
Und Alfons Schlereth brachte mit seinen Schnadahüpferln über Rainer Kunkel das Publikum zu lachen.
Personalratsvorsitzender Josef Grodel wünschte dem künftigen Pensionisten im Namen aller Kollegen einen Ruhestand ganz nach seinen Vorstellungen.



Michael Röhm und Maria Hisch vom DAHW (Deutsche Lepra- und Tuberkulosenhilfe) bedankte sich für die Unterstützung des Schulleiters bei Hilfsprojekten in Afrika mit einer Figur und einem Körbchen, gefertigt von geheilten Leprakranken. Für die SMV (Schülermitverantwortung) sprach Alexandra Schmitt, die betonte, dass die Schüler die herzliche Art ihres Rektors vermissen würden.





Ein nächstes Highlight war der Auftritt der ehemaligen Elternbeiratsvorsitzenden. In einem wunderbar gespielten Sketsch ließen sie die Jahre mit Rainer Kunkel Revue passieren, erinnerten an kleinere und größere gemeinssame Aktionen und stritten sich dabei herrlich um den Anteil des jeweiligen Elternbeirats daran. Der aktuelle Elternbeirat schließlich würdigte seinen Rektor mit zwei Liedern.
Wie sehr Rainer Kunkel die gesamte Schule zusammenzuhalten wusste, verdeutlicht, dass auch Doris Witt sich im Namen des Reinigungspersonals verabschiedete.



  Konrektorin Judith Rützel malte in ihren Abschiedsworten das Bild vom "Seenotrettungskreuzer MS Gemünden", dessen Kapitän seine Mannschaft immer auf Augenhöhe behandelt habe. Er rettete alle, selbst mehrfach über Bord Gegangene, holte "Fahnenflüchtige" notfalls auch persönlich von zu Hause ab. Als Chef sei er "gnadenlos tolerant" und solidarisch gewesen: "Wir sitzen in einem Boot. Da müssen wir jetzt durch!" Das habe dazu geführt, dass sich die Mannschaft eigentlich wie in einem, wenn auch gut getarnten, Luxusliner mit hohem Wellness-Faktor gefühlt habe.
Mit dem Song von Wolfgang Ambros "Für immer jung" machten Kunkels KollegInnen ihrem Chef Mut für die Zeit nach der Schule.
Sehr unterhaltsam war die folgende Bilderserie, in der Schüler in verschiedenen Unterrichtssituationen ihren Rektor skizzierten.




Schulamtsdirektorin Charlotte Renner nutzte den Abend, um auch den Nachfolger von Rainer Kunkel, Joachim Nöth, bisher Rektor der Mittelschule Arnstein, ins neue Amt einzuführen. Sie wünschte ihm Glück in der nun größeren Schule mit noch mehr Verantwortung, aber auch einem Kollegium, dessen Fähigkeiten es zu nutzen gelte.
Joachim Nöth seinerseits gestand in seinen Begrüßungsworten, dass der Verlauf des bisherigen Abends ihm deutlich gemacht habe, in welch große Fußstapfen er nun trete. Er freue sich aber auf diesen Neuanfang in seiner Heimatstadt Gemünden an der Schule, an der er als Lehramtsanwärter seine berufliche Laufbahn begonnen habe.
Für viel Erheiterung sorgte noch einmal die witzige Präsentation von Bildern aus dem Werdegang des "Käpt'n Kunkel" von der Kindheit bis jetzt.



Das letzte Wort schließlich hatte die Hauptperson des Abends, Rainer Kunkel. Er dankte für die überwältigende Feier und meinte im Rückblick auf seine Laufbahn, er habe ja eigentlich Journalist werden wollen. Zum Glück habe ihn die Tatsache, rechtzeitig seine Frau Claudia kennengelernt zu haben, davon abgebracht, so dass er den Traumberuf Lehrer erlernen konnte. Hier könne man sich im Umgang mit jungen Menschen "immer jung fühlen". Nach einer tollen Zeit als Schulleiter der Teilhauptschule Lohr, die er schweren Herzens verlassen habe, sei er nach Gemünden in ein großartiges Kollegium gekommen, dessen Kreativität ihn zu der Einsicht  veranlasst habe: "Nur keinen behindern!"  Kunkel bedankte sich bei den Eltern für die gute Zusammenarbeit, bei den Vertretern der Stadt Gemünden und der VG Gemünden für die große Unterstützung, durch die trotz begrenzter Mittel immer wieder wichtige Sanierungen und Ausstattungen möglich waren. Zum Schluss bedankte er sich bei allen KollegInnen, seinen Sekretärinnen und Mitarbeiterinnen in der Verwaltung. Sie hätten das Sekretariat sowohl in Lohr wie in Gemünden zum Herzstück der Schule gemacht. Schließlich brachte er seine Dankesworte auf den für ihn zentralen Punkt: Sein größter Dank gelte seiner Frau, die ihn in Allem getragen habe. 



Mit den besten Wünschen für seinen Nachfolger und dem letzten Liedbeitrag des Lehrerchores "Rainer, Rainer, es ist so weit" schloss diese dreistündige, kurzweilige und durchaus emotionelle Verabschiedungsfeier für einen Schulleiter, den niemand gerne die Schule verlassen sieht.